1984 habe ich meine Ausbildung zur Floristin begonnen.
Da ich im Elterlichen Betrieb mit Blumengeschäft und Gärtnerei grossgeworden bin, kommt es mir so vor, als wenn meine Zeit in der grünen Branche 1967 begonnen hat…als Baby.
Ich habe mittlerweile so viele lustige Anekdoten und Dinge erlebt dass ich von nun an einige davon hier auf meinem Blog erzählen möchte.
Nach und nach. Ich hoffe, das gefällt Euch.
Ich schreibe nicht chronologisch, sondern so wie es mir in den Sinn kommt.

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teil Gelände Landesgartenschau Rheda-Wiedenbrück 1988

1988 Goldmedaille

„DU hast eine Goldmedaille gewonnen?“ … die Kundin mustert mich von oben bis unten.
Man sieht förmlich wie alle Sportarten der Welt durch Ihren Kopf visuell ablaufen und ich passe mit meinen stämmigen Beinen und pummeligen Figur in keines der Sporttrikots. Ich reagiere um die Frau nicht länger zu quälen und sage: „in Floristik“. „Ach so“ etwas abschätzend wird reagiert…

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Marion, Michael und Jan Dirk bei der offizellen Eröffnung

Gesellenjahre

Im Anschluss an meine Ausbildung habe ich ein halbes Jahr bei der Landesgartenschau Rheda-Wiedenbrück mitgearbeitet, im Floristen Team der Hallenschauen.
Eine Landesgartenschau ist eine Gartenbau Ausstellung die alle zwei Jahre jeweils während sechs Monaten in einem deutschen Bundesland stattfindet. Das kleinere Pendant zur Bundesgartenschau und zur Internationalen Gartenschau.
Bei diesen Freiluft Ausstellungen stehen immer auch mehrere Hallen, die für das halbe Jahr für ca. 15 wechselnde Blumenausstellungen genutzt werden.

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Offizielle Eröffnung Marion und Johannes Rau

Blumenhallen

Sozusagen das Programm für schlechtes Wetter oder aber die etwas bequemere Version.
Auf einer Fläche von ca. 1 500 qm im trockenen liessen sich die Besucher blumig unterhalten.
Das feste Team für die Hallenschauen bestand aus zwei Florist Meistern, und drei Jungfloristen.
Alles Männer ausser mir.
Ich habe danach oft in reinen Männerteams gearbeitet und hatte immer eine gute Zeit…aber auch in anderen Teams.
Unser RARO Floristen Team* (*das war der Name, denn das Team wurde von HW Rankers & HW Roth geleitet) wurde je nach Grösse oder Thema der Ausstellung von weiteren Floristen oder aktiv Mitwirkenden unterstützt.

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Michael, Willi und Hans Werner

International

Einmal waren sogar 2 Japanerinnen dabei für eine Ikebana Ausstellung.
Ikebana ist die japanische Kunst des Blumenarrangierens.
Die hatten Schuhe mit Holzpfeilern an, ich kann mich erinnern dass wir 2 grosse Unebenheiten hatten in der Halle und deshalb bildeten sich dort immer Wasserpfützen.
Das erste Mal das ich gesehen habe, über das Wasser gehen ist doch nicht nur so eine Redewendung…hihi.

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ca. 1988 bei einem Berufswettkampf


Dort in den wechselnden Hallenschauen gab es auch immer Prämierungen/ Medaillen für die Gestaltung der ausgestellten Floralien und für die Qualität der Produkte.
Dies war sehr wichtig für die Firmen die danach mit dem Label Werbung machen konnte. Also auch damals schon wichtig für die Produzenten.
Die Gestaltungsteams waren natürlich auch froh bei einer guten Bewertung.
Manche Pflanzen oder Schnittproduzenten hatten eigene Teams für die Präsentation oder machten die Platzierung und Gestaltung selber.
Je nach Produzent und Budget.

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IGA 1993

Hoch Hinaus

Einer der Floristen Meister (Hans Willi) war recht gross und hatte bei der Gestaltung immer Lust auf Fernwirkung und aha Momente.
Ich denke, dass deswegen auch der höchste Turm mit Blumen circa 6 Meter hoch war.
Ihr denkt jetzt sicherlich, dass wir in einem Gitterkorb mit einem Hubwagen hochgefahren wurden, und dort die Arrangements gemacht haben…NEIN so war es nicht.
Ein Transportrucksack auf die Schultern und hochklettern, war angesagt. Als erstes Steckmasse bereits eingeweicht (also schwer) und Blumen und Beiwerk hochtransportieren und dann dort kreativ gestalten.

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BUGA 1989 Frankfurt

Die Einsätze waren immer extrem.
Die Hallenschauen gingen immer bis Sonntagabend, danach begann der Abbau. Den wir natürlich auch selber machten.
Das Publikum hatte das nach einiger Zeit raus und es war an den Sonntagen immer extrem voll in der Halle.
Kein Wunder, denn beim Abbau waren die Pflanzen ja teilweise noch im top Zustand.
Normalerweise wäre alles weggeschmissen worden, aber die Besucher warteten bis zum Schluss und jeder hatte Freude, etwas Blumiges, wenn auch zum Teil ramponiertes Pflanzengut zu ergattern und mit nach Hause zu nehmen.
Ich weiss gar nicht ob das heute noch so möglich ist. 

Wenn dann nach dem Abbau alles leer war, wurde am Montag und Dienstag der Grundaufbau neu gestaltet.
Das heisst, die nicht festen Einrichtungen stellten wir um und strichen alles frisch. Dispersionsfarbe in 10 Liter Kübeln ging nur so durch, natürlich selber gemischt mit Bohrmaschienen Aufsatz.
Was haben wir gestrichen…somit entstand ein neues Bild und eine andere Wirkung welches die Dauerbesucher sehr zu schätzen wussten.
Diese reisten aus der Umgebung von Rheda-Wiedenbrück an, oder aber von weit her **.

Insta gab es noch nicht

Wie das heute wohl wär, mit all den Instagram Bildern und Instagram Spots?
Ich bin mir sicher wenn es damals schon gewesen wäre; wir hätten einen tollen Insta-Thron gestaltet: immer wechselnd.
Die Menschen würden Schlange stehen dafür…ganz sicher.
So gab es einen Thron für die Geburtstagskinder, und an solchen Tagen wurde man einmal um die Halle gefahren.
Auf dem Foto sieht man Willi an seinem Ehrentagen.

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Nachdem man richtig k.o. war von der körperlich schweren Arbeit des Umgestaltens und den langen, manchmal 14 stündigen Arbeitstagen von Sonntag bis Dienstag, wurden immer ab Dienstagabend die Blumen und Pflanzen angeliefert.
Dann war es endlich soweit: wir begannen kreativ mit Schnittblumen zu arbeiten. Dann kamen auch die zusätzlich aufgebotenen Floristen Helfer an: frisch und munter um uns zu unterstützen.
Denn es musste ja alles fertig werden. Oh wie habe ich es geliebt!
Leider war die Gestaltungszeit immer schnell vorbei.
Dann am Donnerstag kam die Jury um die verschiedenen Gestaltungen und floristischen Arbeiten und auch die Qualität der Produkte der zu bewerten und die Medaillen zu vergeben.
Dort gewann ich dann meine erste Goldene!
Danach wurde die Halle offiziell für das Publikum in Anwesenheit von TV und Presse eröffnet.
Ich erinnere mich an viele Bilder, leider habe ich nur wenige Fotos aus der Zeit.

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Teamgeist

Natürlich hat man als Grundteam auch noch alles reinigen dürfen…und während den Ausstellungen die Pflanzen und Blumen noch giessen und die nicht mehr so frischen austauschen.
Das Frühstück des Eröffnungsmorgens, wie immer hinter der Halle (dort hatten wir einen Bauwagen als Büro und Küche). Man hatte ein paar Stunden lang noch letzte Handgriffe und Erledigungen gemacht und in den Hallen waren schon Besucher und verknipsten 24iger oder 36iger Filme.
Bei uns am Tisch schliefen wir fast beim Kaffeetrinken ein.

RARO Floristenteam

Je nachdem wie lange die Blumen standen (also gehalten haben) wurde dann am folgenden Sonntag wieder abgebaut oder wenn es Pflanzen waren, eine Woche später.

Hans Willi Rankers, Marion Benz und Hans Werner Roth bei einem Treffen 1997


In dem halben Jahr haben wir
(4 vom Team, HW Roth wohnte ja in der Nähe) erst in einem Haus gewohnt, das später abgerissen wurde.
Man war nachts ja zu k.o. um noch nach Hause zu fahren.
Nach der Hälfte der Landesgartenschau wurde das Haus bereits rückgebaut und wir sind in ein ‚Ehrenwertes‘ Haus gezogen.
In eine grosse Wohnung.
Natürlich war man am Freitag und Samstag teils noch im eigenen Betrieb tätig, wenn man sonst nichts zu tun hatte. Das wurde ja auch so erwartet von den Betriebsfamilien…man hatte sich ja schliesslich von Sonntagabend bis Donnerstagmittag ausgeruht…

Klaus Wagener, Marion Benz

In dem halben Jahr habe ich auch Klaus Wagener kennengelernt.
Zwar hatte ich in der Ausbildung über die Berufsschule mal einen überbetrieblichen Lehrgang den Klaus leitete aber da war ich ja nur eine von vielen Floristen.
Er war gerade 1985 Gewinner des Interflora Worldcup in Detroit / USA geworden und anschliessend unterwegs als freiberuflicher Referent, Dozent und Designer für Schulen, berufsständische Verbände, Messen und Unternehmen und somit weltweit tätig.
An einer Sonderausstellung Floristen gestalten mit Blumen war er dabei und hat in unserer WG gewohnt.
Ich erinnere mich noch genau, natürlich haben sich unsere Wege öfters gekreuzt.

In dem halben Jahr habe ich so viel gelernt was meine Ausbildung ergänzt hat… dass es sicherlich nochmals eine kleine Story dazu gibt.
Ich denke oft an die Zeit, und die Grundlage für weitere Landes & Bundesgartenschauen sowie IGA Einsätze.
Es waren einige Einsätze in meiner Floristen Laufbahn als Florist Freelancer, würde mich gerade mal wieder reizen mitzuarbeiten…
Weiter Storys folgen, ich hoffe es hat Euch gefallen meine Geschichte zur unsportlichen Goldmedaille…ich habe viele Medaillen
(im Team und allein) gewonnen in allen Farben.
Natürlich kann man sich nicht an jede erinnern aber es war eine ganz tolle Zeit.
Floristische Grüsse von Marion

* das Team bestand aus : Hanswerner Roth, Hans Willi Rankers, Jan Dirk von Hollen, Michael Wissling und Marion (ich) geborene Potthast  

**163 Tage lang war die Stadt mit ihren damals nur 37.000 Einwohnern (heute sind es gut 12.000 mehr) ein perfekter Gastgeber für die mehr als zwei Millionen Besucher, die von nah und fern anreisten.
Mit dieser großen Resonanz zählt die LGS in Rheda-Wiedenbrück noch heute zu den erfolgreichsten bundesweit.

…weitere veröffentliche Storys aus meinem Floristenleben:
St. Moritz Winter 96/97
1988 Goldmedaille
Südsee Florist Marion
Florist Ausbildung
Gartencenter 98/99

 


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