St. Moritz Winter 96/97

St. Moritz Winter 96/97

 

Florist Anekdoten
Wintersaison 1996/1997 St. Moritz

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Felix hatte bei Marguns einen Job, ich im Floral Studio im Dorf und in St. Moritz Bad haben wir gewohnt *Winter 1996/1997

Von der Südsee ins Engadin

Wir (mein Mann und ich) hatten unsere Jobs in der Südsee, genauer gesagt auf Rarotonga, der Hauptinsel der Cook Gruppe.
Da sich ein Zeitfenster von mindestens einem halben Jahr zwischen einem neuen Jobangebot Vorort ergab, wollten wir eine totale Veränderung auf Zeit erleben.
Somit packten wir unsere privaten Dinge in 2 Kartons zusammen und lagerten es bei unseren Freunden auf der Insel ein. Den Rest verkauften wir: das macht man halt so, wenn man als Geselle im Ausland arbeitet.

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…erster Tag im Schnee, der See noch nicht zugefroren.


Über die Zeitschrift Florist hatte ich eine Job für eine Wintersaison in St. Moritz gefunden.
Alles via Fax und Telefon zu koordinieren war nicht so einfach, aber man kannte ja nichts anderes. Wir befanden uns im Jahr 1996.
Mein zukünftiger Arbeitgeber hat sich auf mich gefreut und sogar auch gleich für Felix einen Job organisiert. Und uns eine Adresse vermittelt für ein möbliertes Studio in St. Moritz Bad.
Das kostete zwar extrem viel für unsere Verhältnisse, aber wir hatten ja beide Jobs und wollten nach der Wintersaison auch direkt wieder in die Südsee zurück.
Nachdem wir in Frankfurt gelandet waren, sind wir nach einem kurzen Stopp Over bei der Verwandtschaft in Zürich weiter nach St. Moritz.
Ich kann mich erinnern, dass wir einen totalen Klima Schock hatten.

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…jung und 4 Tage vorher in der Südsee abgeflogen…

Sofort anfangen zu arbeiten

(Südsee in sommerlichen plus 28 Grad verlassen, Engadin in winterlichen minus 12 Grad angetroffen).
Eingeplant waren ein paar Tage Akklimatisieren in St. Moritz und dann mit den neuen Jobs zu starten. Dummerweise haben wir uns bei unseren Arbeitgebern gemeldet. Nur um zu melden, dass wir gut angekommen waren, aber…SOFORT AN DIE ARBEIT! Hiess es.
Denn der Schnee war da und das heisst: los geht’s.
Ich habe im Floral Studio am nächsten Tag meinen Job gestartet, etwas komisch war es schon denn ausser dem „wie ich dachte Inhaber“ und mir war niemand da.
So meine ich mich zu erinnern...
Auch keine Blumen…in solchen extrem abhängigen Orten von Tourismus und Witterung heisst es Vorarbeiten und Produzieren für die Saison.
O.K. womit denn?
Im Sommer wurden dort schon hunderte von Rosen in grossen Kübeln mit Salz getrocknet, sind dann besonders schön und edel (sehen aus wie frisch oder die heute bekannten präparierten Rosen).
Der ganze Keller stand damit voll, auch hatte es weitere Dinge für die Saison.
Unter anderem tolle Bänder: Rollenweise, damals ganz neu mit Drahtkante.

Transport war ja im Winter teilweise nur per Bahn möglich.
Diese Rosen wurden nun (von mir) verarbeitet in Körbe kurz gesteckt mit etwas Floralien aussen rum.
Dicke Masche dran, fertig. Der Preis war je nach Inhalt 300.- bis 400.- chf .
Es machte mir nichts aus, diese Tätigkeit Tage lang zu machen.
Zusätzlich schrubbte ich die Schaufenster und den ganzen Laden.
Und ich fing an, ein zu dekorieren. Die Floristen die in der Sommersaison bis Ende September dort gearbeitet hatten, mussten den Laden verlassen haben, als wenn er gebrannt hätte, glaube ich.
Es sah eher aus wie nach einer Flucht.
Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie Blumen riechen, die in Vasen in einem abgestellten Kühlraum wochenlang warten bis sie weggeworfen werden….

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Rosenkörbe mit Salzgetrockneten Rosen

Saison hatte noch nicht begonnen

Nun ja, es war echt spannend aber irgendwie war ausser Mitarbeitern von anderen Firmen kaum jemand zu sehen auf der Strasse. Keine Touristen.
Da das Floral Studio nur saisonal geöffnet hatte, wurden Aufträge wie Beerdigungen und so weiter von den anderen Blumengeschäften die 12 Monate geöffnet waren erledigt. Obwohl die Lage unseres Geschäftes mitten im Dorfkern viel besser war.
Mein Arbeitgeber war meistens unterwegs. Zwecks Organisieren von Aufträgen.
Dies ging natürlich mit der Konsumation vieler alkoholhaltiger Getränke einher.
Die ersten 2 Wochen waren vorbei und endlich kann eine weitere Floristin dazu. Herrlich, endlich nicht mehr allein!
Elvira, ein flotter Lockenkopf und toller Typ, für sie die erste Wintersaison ausserhalb von Luzern als Jungfloristin.
So eine tolle flotte Floristin, wir hatten sofort eine Wellenlänge…

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Elvira und Marion, Dreamteam

Anfang Dezember kam dann auch mein Arbeitsvertrag (per Post) und ich hatte den Job als Geschäftsführerin, stolz habe ich unterschrieben.
Man konnte ja nicht eben recherchieren, was das beinhaltete.
Mein erstes Geld erhielt ich für November bar auf die Hand, war ja wie in der Südsee, dachte ich.
Unser Studio in ST. Moritz Bad war wirklich komplett eingerichtet, na klar war ja eigentlich für Ferien Gäste gedacht.
Es waren ca. 30 Wohnungen in dem ganzen Block und die ersten Wochen haben wir dort ganz alleine gewohnt. Toll, die Berg Aussicht und wir hatten unser erwünschtes Kontrastprogramm, mit TV und Schrankbett. Vor der Küchenzeile war eine Gardine mit Eselchen drauf, heute wäre wohl alles Retro und Hip. Damals war es zweckdienlich. Sogar einen Balkon hatten wir, mit einer Lichterkette wurden die Balkonkästen und was darin wurzeln hatte bestückt. Von weitem sah man immer das dort Felix und Marion wohnten.

Freude auf Schnee wie Kinder

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erster Schneemann vor unserem Studio Block in St. Moritz Bad

Andere Saison Arbeiter hatten oft nur ein ganz kleines Zimmer oder sie wohnten in einer WG. Oder im nahegelegenen Italien. Na ja, die hatten ja auch nicht alles was Ihnen vorgeschlagen wurde dann auch direkt aus der Südsee gebucht …
Jetzt sah man auch schon Touristen, wenn auch nur wenige. Seit Elvira da war, ging es auch an Aufträge ausser Haus zu gestalten. Hoteleingänge saisonal mit Winterlichen Girlanden und Dekorationen zu bestücken.
Zum Teil haben wir das direkt im Arbeitsraum gestalten können, sehr oft aber auch vor Ort. In Tiefgaragen oder direkt bei den Eingängen.
Bei minus 12 Grad, alles eine Frage der Organisation.
Froh waren wir über die noch schnell gekaufte Kleidung,
beim Stopp Over in Zürich.
Denn vor Ort gab es ja nur Edelboutiquen oder Saison Angebote vom COOP.
Auch die Bergrestaurants wollten etwas Ausgefallenes. Bei einem haben wir Gondelweise weiss eingesprühte Birkenzweige hochgefahren.
Jeder der schon mal Birkenzweige mit einer Vierergondel auf ein Skigebiet gebracht hat, weiss wie extrem das bricht wenn es gedrückt und gequetscht wird. Oben wurde dann kurz vom Chef erklärt, wie es verarbeitet werden sollte, an der Decke mit Lichterketten und so weiter.
Dann verschwand er mit der Info bis wann es fertig sein muss… da ja dann die letzte Gondel ins Tal fährt.
Vor Ort war Vernetzung und Verbindung wirklich wichtig, wenn ich jemanden um einen Gefallen gefragt hätte, hätte sich sicherlich nichts bewegt.
Aber dafür war ja mein Chef vor Ort.

Palmen auf Pisten

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Auf Glüna eine von 4 Palmen, die anderen standen direkt in der Schneepiste

Bei einer Ski Bar auf der Piste auf über dreitausend Metern Höhe sollten Palmen stehen, super Idee.
Also wenn jemand mal Tipps in der Richtung braucht, einfach mir eine Mail senden, ich melde mich sofort.
Gratis Tipp für Palmen auf der Piste: Holzpfosten ( total 4 Palmen)
ca. 4 Meter lang mit Helikopter anliefern lassen. Aus Italien Palmwedel und Kokosfaser bestellen, diese im Original Karton in die Transportbahn Quetschen.
Vor Ort ganz einfach Palmblätter ähnlich wie in der Natürlichen Form mit Draht befestigen und die Kokosfaser an den Stamm tacken.
Das Ganze mit Hilfe von Pistenfahrzeugfahrern kurz nach der Mittagspause (sonst sind sie weg) in den Schnee buddeln und rammen.
In der Hoffnung es hält.
Und es hat gehalten, und war anscheinend in aller Munde, die Ski Bar mit den Palmen.
Es gibt sicherlich bessere Fotos davon, ich habe tatsächlich dieses eine Bild fast zum Saisonende geschossen, als auch die Palmen am Ende ihrer Pracht waren.
Zu der Zeit hatte man ja nicht mal eben eine Kamera in der Hosentasche.

Zauberei

Es wurde Mitte Dezember und die Strassen füllten sich mehr und mehr mit Touristen und dicken Autos.
Hotels und Einzelhändler waren parat für den grossen Ansturm.
Jeder hatte seine Schaufenster in Szene gesetzt. Wir waren soweit durch mit unseren Saisonaufträgen an Gebäudeeingängen und Hotelempfängen. Gut, war so viel zu finden in den Keller Lagerabteilen.
Eine Floristin kann ja echt zaubern, wenn es an Material mangelt. Schnittblumen erhielten wir direkt aus Italien, so frisch und flott per Zug. Grosse Kartons holte ein netter junger Mann ( Andri ) vom Bahnhof ab und brachte sie uns, gefüllt mit Kompost wurden die Kartons abends wieder bei uns abgeholt und in irgendein Tal oder so entsorgt.
Wir hatten ja kein Firmenauto, also lieferte Andri in seinem Privatwagen morgens und abends Bestellungen aus die nicht von unserer Nachmittags Aushilfe (der zweiten, kleinen Elvira) zu Fuss geliefert werden konnte.
Zum Badrutt’s Palace Hotel lieferten wir mehrmals täglich, das waren ja nur ein paar hundert Meter entfernt.
An die Hotels lieferten wir an die Concierge die direkt bar bezahlten
(Sie haben es ja auch oft bestellt für die Hotel Gäste) Natürlich zahlten sie nicht den Preis auf der Quittung sondern minus 20 %, das war Ihr Anteil plus das Trinkgeld vom Gast.
Manche Concierge waren echt Best Verdiener, man sagte nach einer Wintersaison konnte eine ganze Familie von der Steuerfreien Einnahme bis zur nächsten Saison leben. Isst heute sicherlich nicht mehr der Fall.

vis a vis

Interessant war, die Rechnungen unserer Aufträge wurden geschrieben und bezahlt von einer ganz anderen Buchhaltung, wir brauchten immer nur alles per Post weitersenden und somit war es für uns erledigt.
O.K., das hätte unser Arbeitgeber vor Ort auch nicht machen können, seine Alkohol Exzesse wurden immer extremer.
Er sass vis a vis des Ladens in einer Bar und hat uns immer beobachtet.
Denn wir durften am Abend den Laden erst schliessen wenn 30 Minuten Non Stopp kein Kunde mehr kam. Irgendwie ist immer wieder ein Pelzmäntelchen im Laden gewesen um sich etwas Nettes zu gönnen für die Ferienwohnung oder das Hotelzimmer.
So wurde es oft ca. 21 Uhr bis wir den Laden verliessen.
Falls wir eher zumachten, kam ein Anruf von der anderen Strassenseite:
„ Offen lassen! “ hiess es da nur kurz und schroff.
Natürlich waren wir morgens vor 8 Uhr da, 6 Tage die Woche. Sonntags war der Laden geschlossen, wie die meisten anderen Geschäfte auch.
Aber es sollte alles noch viel extremer werden…

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…das ganze Team Zeitweise waren wir zu viert: kleine Elvira, Marion, Elvira und Corina

 

Die Dekorationen an den ausgefallenen Orten gingen weiter, es war ja noch nicht alles parat für die Hochsaison.
Dafür herrschten wettertechnisch gesehen die besten Voraussetzungen für eine Traumsaison.
Eisige Kälte, immer Minus Grade, der See ist täglich etwas mehr zugefroren. Und klares Wetter tagsüber, Schneefall nachts.
Die ganze Saison hat es bei den Skiliften nicht einen Ausfall gegeben wegen Sturm oder Schneefalls. Aber ich verzettele mich.

…leider haben wir nur dieses Foto gefunden, danke Elvira…

Extreme Situationen

Die Alkohol Exzesse meines Chefs wurden immer extremer und wir bekamen eines Tages die Info des Hauptbüros das der sogenannte ,,Chef‘‘ Ladenverbot hatte und somit auch nicht mehr in die Kasse greifen durfte.
Das war gar nicht so einfach, und sicherlich ganz schweres Brot für Ihn.
Der Austausch des Schlosses wurde nötig.
Es war verständlich und doch tat ER uns irgendwie auch leid.

Obwohl er nicht mehr im Laden war, sahen wir ihn doch tagtäglich:
Vis à Vis in seiner Stammkneipe zu uns rüber schauend.
Erschwerend kam dazu, dass Kunden mit Ihm Bestellungen besprochen haben, die wir dann umsetzten mussten.
Und dann hat er ja auch immer wieder dazwischen gefunkt, bei den Bestellungen vor Ort.

In dem Jet Set Store (bekannte Bekleidungsfirma) wurde von uns die ganze Fassade mit Lichterketten abgehangen.
Was nicht so einfach war, da alles Oben unter dem Dach befestigt und verkabelt werden musste.
Alle Stecker Leisten wurden in Foliensäcke verpackt und am Ende der Lichterketten waren LOT Gewichte vom Bau.
So hingen die Lichterketten schön gerade. Aber alles zu befestigen war nicht gerade einfach bei minus Temperaturen.
Aber die Wirkung war natürlich bombastisch. Heutzutage gibt es dafür Licht Konzepte, aber 96/97 hat man auch so etwas eben beim Florist bestellt. Es wurde schon im Herbst besprochen und danach die Zutaten eingekauft.
Jeder Job wurde trotz widrigen Bedingungen mit Herzblut erledigt.

…da standen früher Blumen…

Stolz und total ausgelaugt

Macht einen ja auch stolz, solche Ideen in die Tat umzusetzen.
Wenn auch bei der Idee manchmal nicht bis ganz zu Ende gedacht wurde.

Ausgefallen waren natürlich auch die wechselnden Dekorationen im Dracula Club von Gunther Sachs.
Wird heute noch mit echten Blumen in einem Club dekoriert?
Die Dekoration umzugestalten morgens um 5 Uhr wenn der Club geschlossen hatte, war auch kein Zuckerschlecken.
Stellt Euch einen Club vor: wenn das Licht angeht und zeitgleich Putzkolonne ihren Einsatz beginnt und Floristik ausgetauscht wird…

Elvira und Corinna hielten täglich die Stellung im Laden, und ich durfte…musste ausserhalb wirken. Ich weiss gar nicht was extremer war.
Die Launen meines Hausverbot ,,Chefs‘‘ ausserhalb des Ladens zu ertragen oder den Laden betreuen und schauen das ER nicht einfach reinkam und in die Kasse gegriffen hat.
Schwierig, schwierig kann ich nur sagen, ich habe nie wieder mit so vielen Ängsten als Floristin gekämpft wie dort.

Witterungsabhängig

Angst hatte man natürlich auch, dass man zu wenig Ware im Laden präsentieren konnte. Mittlerweile war derart viel Schnee auf den Passstrassen, dass es fast nur noch aus Italien Schnittblumen gab.
Diese kamen per Zug.
Zustellungen per Camion-Transport war teuer und wurde mehr für Lebensmittel und andere wichtige Güter genutzt. Wenn dann ein LKW voll war wurden gerne mal die unwichtigen Blumen zurückgelassen in Lagerhallen mit Minustemperaturen, wenn die Ware dann bei der folgenden Lieferung dabei war, zwar erfroren am Ziel…hat keiner dafür gehaftet.
Via Zug aus Italien kamen die schönsten und frischesten Ranunkeln, Stradine Margriten, Freesien, Mimosen, Anemonen, Mohn, Ginster, Coburg und andere Freiland Rosen die ich je verarbeitet habe, da der Weg so direkt und kurz war.

Aber es fehlte an Topfpflanzen, so war es auch schon mal möglich dass wir bei einer neuen Lieferung vom CO OP
(der hatte bessere Transportkapazitäten einmal pro Woche) sofort hin sind und alle Azaleen und Primeln gekauft haben.
Trara, und das Fenster war voll mit den Kälterobusten Pflanzen. Nur wir hatten dann für eine Woche diese Art Topfpflanzen, ideal für Feriengäste mit eigener Ferien Wohnung die so etwas suchten.
Der Preis spielte keine Rolle. Wenn ich ehrlich bin: direkt am ersten Tag gekaufte Pflanzen vom Grossverteiler, frisch und gut im Preis und auch noch oft unter dem Preis den wir als Einzelhändler in der grünen Branche an der Börse bezahlen, ist gar nicht verkehrt.
Traurig, aber das sind bei Grossverteilern halt Lockprodukte im Wegwerfmodus und werden oft unter dem Einkaufspreis verhökert.
Eventuell ändert sich das ja mal bei der neuen Nachhaltigkeitsgefühlswelle. Wünschenswert wäre es.

Spezielle Kundschaft

Die Kundschaft im Laden war auch sehr speziell, ich rede jetzt von der Kundschaft die wirklich nur eine kurze Zeit im Hotel war und dann auf Teufel komm raus geprotzt haben.
Da waren viel Ost Europäer dabei, die ganz frisch Millionäre geworden waren.
Da wurde auch schon mal ein Arm voll Rosen gekauft, die farblich zum Pelz passen mussten.
Wenn man dem Kunden zu verstehen gab, dass die Blumen wegen der Kälte verpackt werden sollten, wurde gerne darauf verzichtet (nicht auf die Rosen aber auf die Verpackung). Denn, Schnittblumen erleiden tödliche Frostschäden bei hohen Minus Grad innerhalb kürzester Zeit, den Kunden war das egal, sozusagen Dekoration bis zum Hoteleingang…im Warmen machten die Schnittblumen dann schlapp und wurden zu Kompost. Innerhalb von Minuten.
Ich gönne jedem alles, aber nur zur Show Geld verpulvern wiederspricht mir total.
Es macht ja auch nicht bessere Menschen aus Ihnen.
Bodenlange Pelzmäntel in grellen Farben waren in, aber wenn sich so eine gekleidete Dame in unserem Blumen Laden in St. Moritz Dorf umgedreht hatte… fiel alles was in Bodennähe stand, um.

Und alle hatten diese kleinen Hündchen. Einmal kam sogar eines direkt vor dem Laden unter ein Räumfahrzeug. Platsch! Hund flach, aber das Original Swarovski Hundehalsband konnte man noch abwaschen und tragen.
Ich nicht…und die Dame auch nicht…die hat sich nicht mal um den toten Hund gekümmert.
Jemand hat den Hund dann entsorgt, und als Belohnung das Halsband behalten.

…so wird in St. Moritz Champagner gekühlt,
bevor mit dem Champagnersäbel geköpft wird…

Show Time

Manche trugen die teuersten Snowboard Bretter und Skis cool quer durchs Dorf.
Natürlich alles passend zum Outfit, einige sicherlich auch mal auf den Berg.
Aber so manche Ski, die nach dem Urlaub am Parkplatz in den Schnee gesteckt wurden waren unbenutzt und immer ein nettes Souvenir von anderen Besuchern der Region.

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Sonntags mal einen Fussweg zur Heidi Hütte und in die Sonne gesetzt…sonst nur schlafen

Es war extrem IN, sich einen geschmückten kleinen Baum zu kaufen für das Hotelzimmer, natürlich fixfertig dekoriert.
Schweizer mit Ferienhäuser und Wohnungen hatten natürlich Ihre privaten Dekorationen und liessen sich einen Baum ungeschmückt liefern. Aber Kurzzeithotelgäste, die in den Weihnachtswochen dort Ihre Zeit verbrachten, wollten ja auch Ihr Bäumchen. Ich werde nie vergessen, was man alles an so einen Baum hängen kann um ihn aufzuhübschen…
auch goldig gesprühte Eierkerzen gehen dann.
Wie ich schon geschrieben habe: eine Floristin kann echt zaubern wenn es an Material mangelt.
Als Team waren wir nie verlegen, das Beste aus einer Situation rauszuholen.
Ein total guter Zusammenhalt war auch bei den herrschenden schwierigen Verhältnissen wichtig. Allem voran hat es immer wieder Elvira geschafft, die Liebe zum Beruf in den Vordergrund zu stellen, das werde ich ihr nie vergessen. Sogar zur Halbzeit der Saison gab es ein Bergfest in unserem kleinen Team.
Hurra, die längste Zeit war um, jetzt wurden die Tage bis zum Saison Ende gezählt.

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Bergfest mit Andri und Felix

Ich hatte in dem letzten Monat so viel Ekel vom dem ganzen Chaos, dass ich mich nach Telefonaten mit dem Büro oder wenn ich den ,,Chef‘‘ nur von weitem gesehen habe, übergeben musste.

…am 23.12.96 von 7.57 Uhr bis am 24.12.96 um 1.44 Uhr, am 24.12.waren es nur 11 Stunden ohne Pause…merci Elvira

Ups…

Auch ich als Geschäftsführerin hatte meine ganzen Überstunden gestempelt. Als ich anfangs März konkret wegen des Geldes nachfragte, wurde mir mitgeteilt, dass man als Geschäftsführung keinen Anspruch auf Überzeit hatte. Mit der Erklärung, dass es sich um ein saisonales Geschäft handelte, das in dieser Zeit den gesamten Haupt Jahresumsatz einnahm. Eine Regelung die irgendwo stand, aber nicht in meinem Arbeitsvertrag. Dort war nur ein Satz mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet, aber was das (*) zu bedeuten hatte, stand nirgendwo. Aber im März wusste ich es dann.
All das und meine schrecklichen Frostbeulen haben mich dann derart niedergeschlagen, dass ein Arzt mich für die restlichen 3 Wochen krankgeschrieben hat. Ich war auch nicht mehr fähig, Elvira schaukelte den Laden bei der ausklingenden Saison selbstständig und hat wenigstens Ihre Überstunden bezahlt bekommen. Natürlich zu einem heutzutage viel zu geringen Lohn, aber das war uns ja nicht bewusst.
Ich war um einige Erfahrungen reicher.

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… in der Natur Kraft tanken…

Leider ging es in der Südsee nicht so voran wie wir erhofft hatten.
Das Ziel nach der Wintersaison wäre ja gewesen, direkt wieder dorthin zu fliegen.

Zudem hatte meine Mutter (Florist Meisterin) dann auch noch einen schweren Sturz mit einer gebrochenen Schulter. Ich fuhr für eine Woche nach Paderborn um meiner Schwester im Blumenladen behilflich zu sein. Mehr war mir nicht möglich, denn ich war körperlich und seelisch derart leer, wie selten zuvor.

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SKI Schule…so schön

Meine beste Idee war, dass ich mir nach der Paderborn Woche eine Woche Skischule gönnte.
Es hat mir so gut getan, jeden Tag in einer tollen Gruppe zu geniessen.
Anfängerinnen, ja wir waren nur Mädels! Und alle zwischen 25 und 50 Jahren alt. Michi, ein süsser Skilehrer, der auch gerne mal mit seiner Mädel Gruppe Kurvenwasser getrunken hat, tat uns allen gut. Da fällt man auch schon mal in den Schnee und lässt sich von Michi wieder hochziehen.
Mit seiner Style Sonnenbrille hatte er Augen wie ein Insekt…COOL.

Fun im Schnee…

Zeit für mich

Eigekehrt sind wir bei Felix und seinen Kollegen im Bergrestaurant Marguns. Damals war es das erste Selbstbedienungsrestaurant der Art auf einem Berg. Im Marcho Allegra kann man den Köchen dabei zusehen, wie sie das eben bestellte Gericht zubereiten. Frisch ab Pfanne kommt dann etwa eine knusprige Rösti oder ein feines Hühnchen vom Grill auf den Teller, das man im sportlichen Restaurant geniessen kann.
Felix hatte als Koch dort seine einfachste und coolste Saison seines Lebens.

…die Köche konnten einen immer aufmuntern…nichts sehen, nichts sagen und nichts hören…

Wann kann man als Koch morgens anfangen, und ohne Zimmerstunde ab 16 Uhr frei haben,
und dann mit Ski nach Hause fahren…direkt bis zur Wohnung?
Also Talfahrt bis zum Studio.
Die Ski hatte Felix günstig erstanden direkt am Anfang der Saison.
Als wir Jahre später mal wieder dort waren standen sie immer noch neben dem Hauseingang im nicht abgeschlossen Ski Lock.
Und die Werbeaufkleber meines Arbeitsortes waren noch dran.
Das Blumengeschäft hatte zwischenzeitlich den Besitzer gewechselt, und ist heutzutage eine ganz andere Branche.

Blumenschmuck a la Südsee

Highlight

Ein Floristisches Highlight hatte ich dann doch noch.
In St-Moritz Bad gab es die Blumen Galerie, ein chicer Laden und damals schon mit klarer Linie und ausgefallenen Produkten und Dekoration Objekten.
Aus dem Gespräch unter Kollegen ergab sich einiges und Claudia
(die Besitzerin des Geschäfts) hatte einen Event mit ganz vielen Hawaii Blumenketten in bestellung…das muss so Ende März oder anfangs April gewesen sein. Mit viel Freude und Herzblut durfte ich mitarbeiten.
So hatte meine Saison doch noch ein blumiges Happy End.
Es war so beflügelnd, wenn auch nur ganz kurz, ein Teil des Teams der Blumen Galerie zu sein.

Wettertechnisch hatte ja die ganze Saison keinen Ausfall Tag wegen schlechter Witterung gegeben. Alles lief wie eine Traumsaison laufen sollte.
In diesem Winter fand auch die BOB WM in St-Moritz statt.
Felix Chef war Christian Meili, der Bobfahrer. Die Meili Familie führte alle Celerina Bergbahn Betriebe. Sie hatten einen guten Zusammenhalt und sehr viel Wertschätzung für ihre Mitarbeiter.
Als Abschluss der Saison hat uns Familie Meili für 2 Tage auf Muottas Muragl eingeladen.

Von unserem Wohnzimmerfenster in St-Moritz Bad hatten wir jeden Abend die Lichter weit oben auf diesem Berg gesehen.
Nun waren wir das erste Mal dort, herrlich.
Es war damals noch nicht umgebaut aber die unikate Lage und das tolle Essen hat uns sehr erfreut.

Mein Mann hat zwei Bücher geschrieben über die Zeit in seiner Ausbildung zum Koch und seine Auslandsgesellen Jahre.
Wok’N’Roll. Leider nur noch als E Book erhältlich, überall im Handel.
Natürlich hat er auch über die Saison in St. Moritz aus seiner Sichtweise geschrieben in dem 2. Buch Hot Toque,…da bin ich dann auch mit dabei.
Sehr unterhaltend und spannend zu lesen.
Überall im Handel erhältlich.

An dem Tag als wir aus St. Moritz abgereist sind in eine ungewisse Zukunft, war Sturm.
Alle Lifte standen still, 2 Tage vor Saisonende…

Allegra ( fröhliche ) Grüsse von Marion

Claudia’s Kommentar vom 18.3.2020 direkt hier:
Liebe Marion
wie die Zeit vergeht.
aber klar erinnere ich mich an dich und es war sooo cool dich bei uns im Geschäft zu haben. Stell dir vor, uns gibt es noch immer und wir feiern dieses Jahr unser 25.jähriges Geschäftsjubiläum….
Wer weiss vielleicht besuchst du uns mal wieder im schönen Engadin.
immer noch am selben Ort wie eh und je.
herzlich
Claudia Lischer
Blumengalerie St. Moritz

Als Antwort auf Claudia Lischer von Marion 19.3.2020:
Hallo Claudia, das ist aber toll.
Wie freue ich mich über Dein Feedback, total.
Ich komme gerne mal zu Euch.
Wenn alles wieder im Normalzustand ist.
Pass auf Dich auf und bis hoffentlich ganz bald
Blumige herzliche Grüsse
Marion

…weitere veröffentliche Storys aus meinem Floristenleben:
St. Moritz Winter 96/97
1988 Goldmedaille
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Florist Ausbildung
Gartencenter 98/99
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